MVE-Treffen 2021
an der TU Braunschweig
vom 9. bis 11. September 2021
Deadline Einreichung: 30.04.2021
Call for Papers
EVOLUTION UND ANPASSUNG. Menschliches Verhalten und die evolutionäre Perspektive
Die Tagung wird als Veranstaltung in Braunschweig geplant. Sollte dies im September corona-geschuldet noch nicht möglich sein, werden wir eine Online-Tagung veranstalten.
Evolutionäre Theorien, sofern sie sich auf Darwin beziehen, sind traditionell in der Biologie verortet. Inzwischen werden evolutionstheoretische Überlegungen aber auch in den Kultur-, Sozial- und Verhaltenswissenschaften (wieder) diskutiert und angewendet. So werden in der Evolutionspsychologie und in der evolutionären Soziologie evolutionstheoretisch fundierte Modelle herangezogen, um menschliches Verhalten in unterschiedlichen Domänen zu beschreiben und zu erklären. Aufmerksamkeit haben dabei bisher besonders vermeintlich biologienahe Verhaltensbereiche, wie etwa Partnerwahl und Reproduktion, oder dichotomisierende Debatten zur Anlage-Umwelt-Kontroverse erfahren. Aber auch andere zentrale Problemfelder der Evolutionstheorie wie etwa die Frage nach stabilen Systemen von Kooperation oder der Funktion von sozialen Strukturen oder sozialen Signalen werden behandelt.
Seit 20 Jahren fördert die MVE-Liste inzwischen den interdisziplinären Austausch von Wissenschaftler_innen verschiedenster Fachhintergründe zum Thema „Menschliches Verhalten aus evolutionärer Perspektive“ und bietet mit den MVE-Treffen eine Kommunikationsplattform. Mit dem Ziel, die Diskussion von evolutionstheoretischen Ansätzen in den Verhaltens- und Sozialwissenschaften weiter anzuregen, wollen wir in diesem Jahr sowohl eine Reihe von grundlegenden theoretischen Problemen erörtern als auch die Nützlichkeit evolutionstheoretischer Theoriebildung in der Erklärung menschlichen Verhaltens und sozialer bzw. gesellschaftlicher Phänomene am Beispiel verschiedener Domänen und empirischer Anwendungsfelder diskutieren.
Der von Darwin beschriebene Mechanismus der „Natürlichen Selektion“ erzeugt über Generationen hinweg Anpassungen von Organismen an ihre Umwelten und bildet damit auch das entscheidende Erklärungsmodell für makroevolutionäre Prozesse wie die Entstehung der Arten und deren Veränderung. Mit der Integration von Natürlicher Selektion und genetischem Vererbungsmechanismus bildete sich im Zuge der so genannten „Neuen Synthese“ eine Rahmentheorie aller biologischen Phänomene und damit das heute als gültig angesehene Paradigma der Biologie heraus. Die Erkenntnis, dass Adaptationen sich zwar im variablen Verhalten von Organismen ausbilden, die Fitnesskonsequenzen dieses Verhaltens aber auf der Ebene der beteiligten Allele (der Varianten der Gene) bestimmt werden müssen, hat zu einer weiteren wissenschaftlichen Revolution in der Verhaltensbiologie geführt, die vorher theoretisch problematische Phänomene wie etwa altruistisches Verhalten erklärbar gemacht hat. Das damit entstandene Paradigma der Verhaltensbiologie kann erklären, warum Verhalten an die jeweilige Umwelt adaptiert und welche Adaptationen in welchen Umwelten zu erwarten sind.
Auf der diesjährigen Tagung sollen sowohl theoretische und methodische wie auch empirische oder an praktischem Nutzen interessierte Beiträge präsentiert werden, die sich mit diesem Anspruch evolutionstheoretisch fundierter Erklärungsansätze auseinandersetzen. Die zentralen Fragen sind, ob alle Verhaltensweisen adaptiv sind, ob auch andere Mechanismen als die Natürliche Selektion zu Adaptationen im Verhalten führen können und ob (auch) andere Prinzipien jenseits evolutionärer Anpassungsprozesse zur Erklärung von Verhalten herangezogen werden müssen.
Einige der dabei ebenfalls relevanten Fragen sind: Welches Verhalten lässt sich evolutionstheoretisch erklären? Gibt es – neben dem Mechanismus der Natürlichen Selektion – andere Mechanismen der Verhaltensanpassung? Welche Bedeutung hat der genetische Vererbungsmechanismus für die Erklärung von Anpassungen? Gibt es Verhaltensbereiche, die für evolutionstheoretische Erklärungen zugänglicher sind als andere? Welche empirische Evidenz gibt es für die jeweiligen Erklärungsmodelle? Welche Rolle spielt die formale Modellierung von Adaptations- und Selektionsprozessen in einer evolutionären Wissenschaft des Verhaltens? Kann man sinnvoll von Anpassungen sozialer, kultureller oder gesellschaftlicher Phänomene reden, oder ist das nur eine Metapher? Welche Rolle spielt die aktive Veränderung der Umwelt durch materielle oder symbolische Artefakte in Anpassungsprozessen? Mit welchen anderen Arten bzw. Konzeptionen von Erklärungen konkurrieren evolutionstheoretische Erklärungen und wie schlagen sie sich in dieser Konkurrenz?
Willkommen sind theoretische, empirische und methodisch- oder historisch-orientierte Beiträge, die sich mit den oben genannten Fragen oder anderen diskussionsbedürftigen Aspekten des Themas konstruktiv und kritisch auseinandersetzen. Wir bitten um die Einreichung von Beitragsvorschlägen per Abstract (maximal 500 Wörter) bis zum 30. April 2021. Einreichungen bitte per Mail an die Kongressorganisation unter: alex.rieger@tu-braunschweig.de
Download des Call for papers als pdf-Datei